Problem Berufswahl – Warum ich Krankenschwester geworden bin

Problem Berufswahl – Warum ich Krankenschwester geworden bin

Ich werde oft gefragt, warum ich eine Ausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin gewählt habe. Seien wir doch mal ehrlich, der Beruf klingt in erster Linie toll, bringt aber viele unschöne Seiten mit sich. Ob es die Schichtarbeit ist, das Arbeiten am Wochenenden und an Feiertagen oder der Umgang mit jeglichen menschlichen Körperflüssigkeiten. Wenn andere frei haben, ist man arbeiten und manches, was man auf Station erlebt, ist nicht immer prickelnd.

Aber nun ist es geschafft, ich halte mein Abschlusszeugnis in der Hand. Mit diesem Zeugnis verbinde ich viele Tränen, schöne Erlebnisse, harte Arbeit und das Gefühl der Gemeinschaft.

Gemeinsam mit euch, möchte ich auf drei Jahre harte Ausbildung zurückblicken, die mich geprägt und stark geformt haben. 

Warum ich Krankenschwester geworden bin?

Da bin ich jetzt mal ganz ehrlich. Nach meinem abgebrochenen Studium und dem anstehendem Hausbau brauchte ich ein Ausbildungsplatz, der uns finanziell unterstützte und zum Lebensunterhalt beitrug. Das war mein Leitgedanke und mein Bauchgefühl signalisierte mir, ich würde an diesem Beruf wachsen. 

Während der dreijährigen Ausbildung wurde mir jedoch immer mehr bewusst, dass die Entscheidung richtig war, diese Ausbildung zu beginnen. Ihr haltet mich jetzt bestimmt für verrückt, aber vielleicht kennt ihr diese Aussage, dass Studenten nur Psychologie studieren, um sich selbst zu therapieren? Nun, genau so war es bei mir. 

Den Ängsten stellen

Ich hatte Angst. Angst davor, mit Menschen zu kommunizieren. Durch viele negative Erlebnisse und die Erfahrung mit Mobbing in meiner Jugend habe ich eine Art „soziale Phobie“ entwickelt. Ich hasste es mit Menschen zu reden, hatte Angst als „dumm“ rüber zu kommen oder abgestempelt zu werden. Eine Zeit lang hatte ich sogar unheimliche Wortfindungsstörungen, geleitet von der alleinigen Angst mich zu versprechen. Ich war nervös, bekam feuchte Handflächen und war angespannt, selbst wenn ich mit Freunden redete. 

Krankenschwester werden

Für mich gab es zwei Optionen. Entweder ich ziehe mit mehr und mehr zurück oder ich stelle mich meiner Angst. Ich entschied mich für zweiteres. Einen Beruf, bei dem ich nicht nur mit Menschen reden muss, sondern sie auch berühre, begleite und pflege. 

Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Herausforderung diese Ausbildung für mich war. Ich habe knapp 2 Jahre gegen meine Ängste gekämpft, bin innerlich gewachsen, sicherer geworden und habe mein Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein wiedererlangt. Aber es war hart … unglaublich hart. 

Berufswahl – Die richtige Entscheidungen treffen

Hinzu kam die starke Hierarchie in den Krankenhäusern. Als Schüler, war ich das unterste Glied in der Rangfolge und habe unglaublich viele Situationen erlebt, in denen ich wie Dreck behandelt wurde. Ich habe Gewalt an Patienten mitbekommen, wurde ausgenutzt und angefeindet. Nicht von Patienten, sondern von Schwestern und Pflegern. 

Deswegen entschied ich mich Mitte des zweiten Ausbildungsjahres die somatische Klinik zu verlassen und meine Ausbildung in einer Psychiatrie fortzuführen.  Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Ich wurde in verschiedenen Stationen endlich ins Team integriert, wurde angeleitet und lernte unglaublich viel. Ich hatte endlich richtig Freude an meiner Arbeit. 

Stress macht krank

Wenn mich jetzt jemand fragt, ob ich diese Ausbildung noch einmal machen würde, dann wüsste ich keine Antwort darauf. Diese drei Jahre haben mich körperlich und physisch an meine Grenzen gebracht. Aufgrund des (selbstgemachten) Stresses habe ich in den letzten 3 Jahre eine Hormonstörung entwickelt, da meine Nebenniere zu viele Stresshormone aussendet. Ich kämpfe mit Hautprobleme an den Händen und anderen psychosomatischen Symptomen. Ich frage mich immer wieder, ob es das Wert war. Aber die Antwort wird die Zeit mit sich bringen.

Jetzt sind die Prüfungen geschafft und ich halte mein Abschlusszeugnis in den Händen. Ich spüre, dass mein Körper endlich aufatmet. Ich habe wieder Energie, bin nicht mehr blockiert und fühle mich angekommen. 

Abschlussfeier Krankenschwester

Unglaublich was das ausmacht. Stress ist Gift für den Körper und ohne meine Ressourcen (Partner, Familie, Tiere, Hobbys) hätte ich das niemals gepackt. Ich freue mich nun auf meine berufliche Zukunft und bin gespannt, wohin mein Lebensweg verläuft. Ob ich immer als Krankenschwester arbeiten werde? Keine Ahnung, aber momentan fühlt es sich genau richtig an.

4 Kommentare

  1. Iris
    3. September 2019 / 8:18

    Glückwunsch – ich empfinde Deine Offenheit sehr authentisch 👍 Nun durchatmen – sei stolz auf Dich 👏

  2. Carry
    3. September 2019 / 11:01

    Herzlichen Glückwunsch zum Abschluss❣ 👍
    Egal wie du dich entscheidest weiter zu machen, diese Erfahrungen zu wachsen und dich zu entwickeln, kann dir keiner mehr nehmen. Alles Gute!

  3. Susan Küchler
    4. September 2019 / 8:05

    Danke für deinen ganz privaten Einblick. Ich kann dich so gut verstehen, denn vor vielen Jahren habe ich auch Krankenschwester gelernt und habe das Gleiche im KH erlebt wie du. Auch ich war immer eine Unsichere und hatte nie ein gesundes Selbstwertgefühl. Ich kam mir auch so oft verloren, übersehen und ausgenutzt vor….natürlich hat auch da mein Körper wie deiner gestreikt…..ich denke du erzählst hier vielen Frauen aus dem Herzen. 💗 Ich arbeite, nach 4 Kindern und Burn out, nicht mehr als Krankenschwester, bin aber dankbar um all das Wissen was ich mir aneignen durfte, all die Erfahrungen die ich gemacht habe. Ich grüße dich herzlichst und wünsche dir weiterhin Gottes Segen für deinen so wertvoll Dienst und immer einen liebevolle, geduldigen und verstehenden Blick für die Azubis.💜

  4. Tobias Müller
    12. Mai 2020 / 14:34

    Vielen Dank für deinen Beitrag zum Berufsfeld Krankenschwester. Meine Cousine möchte Kinderkrankenschwester werden und durchforstet gerade den Stellenmarkt für eine passende Ausbildung. Gut zu wissen, dass die Ausbildung sehr stressig sein kann und man damit rechnen muss körperlich und psychisch an seine Grenzen zu stoßen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Etwas suchen?