Wie? DU warst im Frauenhaus?

Wie? DU warst im Frauenhaus?

Und was hat das mit Deinem Blog zu tun?

Genau die Frage stelle ich mir heut schon den ganzen Tag.

Bis vor 6 Jahren wusste ich nicht einmal, das es Blogs gibt, noch wer oder was Blogger sind. Irgendwo hatte ich gelesen, das Menschen Tagebücher im Internet schreiben. Was sind das wohl für Leute, die ihr Leben so öffentlich ins Netz stellen, dachte ich mir.

Blog Lavendelglueck

Zu dem ersten Blog, den ich überhaupt gelesen habe, kam ich über meinen damals neuen Thermomix. Dieser hatte ein Kochbuch dabei, das von einer Frau namens Svenja Walter vorgestellt wurde. Svenja hat einen Blog: meinesvenja.de. Den begann ich zu lesen und es kamen immer mehr Blogs dazu, die mich interessierten. Liebesbotschaft, Mamas Kram, Baby, Kind und Meer, Mamma Mia um nur einige zu nennen. Ich war begeistert, von dem, was die Frauen da schrieben. Vieles hat mich bewegt, inspiriert, zum Nachdenken und Nachmachen angeregt.Getreu dem Motto von Svenja: Was Du kannst, kann ich auch, begann ich, mir einen eigenen kleinen Blog aufzubauen. Ich hatte keinen genau Plan, machte nur ein paar hübsche Fotos und schrieb über meinen Alltag, die Familie, über Rezepte und Ausflüge. Hin und wieder verirrte sich sogar ein Leser und hinterließ mir einen netten Kommentar.

schwanger mit 41

Zu diesem Zeitpunkt war mein Mann als Berufskraftfahrer im Fernverkehr und ich in Elternzeit. Der große Sohn war gerade zwei Jahre alt und Tochter schon ausgezogen. Ich war mit Hund und Kleinkind zu Hause und oft die ganze Woche allein, ich hatte Zeit immer mal wieder einen Post für den Blog zu verfassen. Von einem Tag auf den anderen zog meine Schwiegermutter mit ihrer fast 100jährigen Tante zu uns ins Haus.Mein Mann wechselte vom Fernverkehr in Nahverkehr und war trotzdem von früh morgens bis abends spät unterwegs. Ich war 41 und das dritte Mal schwanger. Der Hund starb, die Tante wurde immer mehr zum Pflegefall und die Schwiegermutter war überfordert. All blieb an mir hängen, mir fehlte die Zeit für mich, an das Bloggen war gar nicht zu denken.

Als der Große mit drei Jahren in den Kindergarten kam, stellte sich nach einem halben Jahr raus, das er an einer Autismusspektrumstörung litt. Anstrengend war er schon immer, jetzt wussten wir endlich, was mit ihm nicht stimmte.

Das Mühlrad mit Frühförderung, Sozialpädiatrischem Zentrum, Jugendamt, Ergotherapie und neuem Kindergarten setzte sich in Gang. Mein Mann war weiterhin den ganzen Tag unterwegs. Ich kümmerte mich mit einem Autisten, Baby, Schwiegermutter und pflegebedürftiger Tante weiterhin darum, das zu Hause alles lief. Auch da blieb mir keine Zeit zum Bloggen, vieles andere blieb ebenso auf der Strecke.

Weil der Große entwicklungsverzögert war und zu allem immer eine Begleitung brauchte, bekam er schnell eine Pflegestufe und wurde als 70% Schwerbehindert eingestuft. Die Schwiegermutter hatte zu dem Zeitpunkt einige Schlaganfälle hinter sich und die alte Tante baute immer mehr ab.

ich-auf-sofa-ruecken

Mein Mann wechselte einige Male die Arbeitsstelle, war unzufrieden, genervt und gereizt, weil nichts so lief, wie er sich vorstellte.

Da meine Familie 600 km entfernt wohnt, machte ich mich auf die Suche nach Unterstützung und fand über die Lebenshilfe eine tolle junge Frau, die einmal die Woche zu uns kommt, mit uns gemeinsam oder dem Großen allein etwas unternimmt. Mit beiden Kinder irgendwo hingehen, Freunde besuchen, Einkäufe erledigen oder Ausflüge machen, ist für mich allein nicht möglich. Dafür braucht der Große zu viel Aufmerksamkeit und der Kleine, der sich zu einem richtigen Wirbelwind entwickelt hat, auch.

Ich-auf-sofa

Im letzten Jahr stellte sich bei der Schwiegermutter beginnende Demenz heraus. Jetzt hatten wir drei Pflegefälle im Haus. Mein Mann unterstützt mich, wo er kann, er putzt abends die Küche, geht einkaufen und mähte den Rasen. Nur mit beiden Kindern allein bleiben, das ist ihm zu viel, da kommt er schnell an seine Grenzen.Langsam aber sicher kam auch in an meine Grenzen. Ich war immer öfters krank, konnte nicht mehr schlafen oder abschalten.

Im letzten Jahr starb dann die alte Tante und seit Februar ist die Schwiegermutter im Pflegeheim.

Ich habe für mich und die Jungs eine Mutter-Kind-Kur beantragt, da fahren wir im Juni für vier Wochen hin.

Im Januar habe ich beschlossen, mit einem neuen Blog nochmal zu starten. Lange habe ich nach einem Namen gesucht. Tagaustagein fand ich passend, weil ich über unseren Alltag schreiben wollte. Überall habe ich gelesen, das man sich ein Thema heraussuchen soll, etwas, mit dem man sich von der Masse abhebt, wo man heraussticht. ABER, womit steche ich aus der Masse?

Interessiert sich jemand für die Kerstin, die mit 17 von zu Hause ausgezogen ist und mit 23 ihr erstes Kind bekommen hat? Die aus einer Beziehung voller Gewalt und Demütigung in ein Frauenhaus geflüchtet ist und dort über ein halbes Jahr gelebt hat? Die mit dem nächsten Partner auch wieder daneben gegriffen hat und wieder ausgebrochen ist, diesmal mit einem Berg voll Schulden?

Die mit über 30 dann doch noch ihren Traummann gefunden und geheiratet hat, mit 39 und 41 mit eben diesem Mann noch zwei Söhne bekommen hat, von denen einer Autist ist. Wer will etwas lesen von der  Frau, die immer wieder auf die Nase gefallen und ebenso oft wieder aufgestanden ist?

Ich-Mit-Stift-Im-Mund

Ich weiß es nicht? Zu erzählen hätte ich viel…Gut, aber was kann ich besonderes, wo ist meine Begabung, wo mein roter Faden?

Ganz ehrlich? Ich kann es nicht sagen, ich habe in den letzten Jahren alles schleifen lassen, was mir sonst immer viel Freude gemacht hat.

Ich hatte keine Zeit, mich um meinen Style zu kümmern, alles musste immer schnell schnell gehen. Mode, Schminke, Nagellack, das alles wird jetzt erst wieder interessant.

Also, worüber soll ich dann jetzt schreiben?

Ich werde sicher kein hipper Mode- und Lifestyle-Blog, kein phantasievoller Koch- oder Back-Blog, kein Bastel- oder Einrichtungs-Blog. Ich habe nichts Spezielles, was ich bieten kann.

Wenn ich mir meinen Blog so anschaue, ist er noch sehr verbesserungswürdig. Mit meinem Layout bin ich noch lange nicht zufrieden, meine Fotos sind ein Desaster, von Bildbearbeitung habe ich keine Ahnung.

Als mir gestern jemand gesagt, das meine Instagram Fotos nicht schön wären, das ich zu viele unterschiedliche Schriftarten auf meiner Startseite habe und man nicht erkennen könne, wo ich gern shoppen würde, war ich geknickt.

Sofa

Über lange Zeit war ich fremd bestimmt. Der Blog ist mein „Baby“. Hier kann ich bestimmen, was ich schreib und worüber. Ich bin nicht perfekt und will es auch gar nicht sein.

Nun, liebe Blogger frage ich Euch:

Hattet Ihr einen genauen Plan, als Ihr mit Bloggen begonnen habt?

Wie hat sich Euer Blog im Laufe der Zeit verändert?

Ich würde mich sehr über Tipps, Anregungen oder Eure Erfahrungen freuen.

12 Kommentare

  1. 17. April 2016 / 2:01

    Sei nicht traurig über negative Kommentare. Wichtig ist einzig und allein die Freude am bloggen. Andere finden deine Schrift dafür toll.
    mir ist eher der Inhalt des Blogs wichtig und der gefällt mir bei dir.

    Lg andrea

    • Kerstin
      Autor
      17. April 2016 / 13:02

      Vielen Dank liebe Andrea. Freude am Bloggen habe ich und ich möchte auch, das die Leute, die meine Seite besuchen, Freude am Lesen haben. Schön das Du da warst. Liebe Grüße Kerstin

  2. 17. April 2016 / 11:37

    Ich finde es bewundernswert, dass du dein Leben so wunderbar meisterst. Gerade das finde ich eigentlich sehr unteressant an Blogs: Wenn man auch ein wenig erfährt, über wen man da eigentlich liest. Ich bin sehr interessiert an den Geschichten der Blogger/innen, die ich gerne lese.

    Alles Liebe,
    Lovingnovember

    • Kerstin
      Autor
      17. April 2016 / 13:04

      Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich lese auch gern Blogs, wo ich was über den Blogger erfahre. Welcher Mensch dahinter steckt, das finde ich spannend. Liebe Grüße und danke das Du meinen Blog besucht hast. Kerstin

  3. 17. April 2016 / 14:16

    Liebe Kerstin,
    Dein Artikel hat mich echt berührt. Bei den ersten Zeilen dachte ich: „Herrje, das ist aber viel Verantwortung, die sie da auf sich nimmt.“ Dann las ich weiter und dachte immer mehr: „Was bitte kommt denn jetzt noch? Wie viel muss diese Frau noch ertragen?“. Wie schön, dass ein Happy End folgt und ich den Eindruck gewinne, dass Du wieder mehr für Dich tun kannst und mehr Luft zum Atmen hast. Du hast unglaublich viel zu geben, lese ich hier heraus. Wie schön, dass Du anderen Frauen mit Deinem Blog Mut machst, die gerade Ähnliches erleben.
    Bloggen ist auch ein Stück Selbsttherapie, die gut tut. Ich finde es toll, dass Du einfach durchgestartet bist und damit Deinen eigenen Weg gehst. Verbessern lässt sich doch JEDER Blog und jeder Blogger kennt Menschen, die daran etwas auszusetzen haben – sei es an Texten, Ansichten, Style, Aufbau oder sonst was.
    Wichtig ist einzig und allein, dass DU Dich damit wohlfühlst und in DEINEM Tempo das aufbaust, was Du erzielen möchtest. Du wirst merken, dass sich Deine Ziele mit der Zeit verändern und sich auch die Art zu schreiben und zu fotografieren wandelt. Bloggen ist eine stetige Entwicklung, die niemals still steht. Sei stolz auf Dich und das, was Du tust! Du machst das klasse und ich freue mich, mehr von Dir zu lesen.
    Alles Liebe, Stephie

  4. 17. April 2016 / 21:08

    Liebe Kerstin,

    „jemand“ hat eine Einzelmeinung. Ich als Blog-Neuling finde es am Wichtigsten, authentisch zu bleiben. Und dass bist du 1000%ig! Ich dachte zum Beispiel immer, wir seien zuhause schön eingerichtet. 99% der Leute, die bei uns vorbei schauen sehen das bestimmt auch so. Und seit ich bei Instagram aktiv bin sehe ich noch soooo viel schönere Wohnungen und Häuser! Und denke oft: Das will ich auch noch. Und das! Aber tief in meinem Innern weiss ich, dass ich vor allem ich selbst und bei mir bleiben muss. Und das solltest du auch. Muss den jedes Insta-Bild die absolute Perfektion widerspiegeln? Ich denke nicht. Durch deine natürlichen Bilder hebst du dich ab find ich. Die Zahlen bewiesen es ja. Also, bleib du selbst!! Mit Kritik umzugehen müssen wir Newbies noch lernen. Aber auch das werden wir hinkriegen. Wer drei Kinder groß kriegt, für den ist das doch ein Klacks.

    Drück dich,
    Nicole

    • Kerstin
      Autor
      17. April 2016 / 23:53

      Liebe Nicole, vielen Dank für Deine lieben Worte. Als Neuling muss man sich ja erst einmal in alles rein fitzen. Wenn man bei Null anfängt, also keine Ahnung von WordPress, Hosting, Fotobearbeitung usw. hat und dann doch irgendwie was einiger Maßen anständiges auf die Beine stellt, ist man stolz wie Bolle und denkt wunder was. Mit Kritik muss ich erst umgehen lernen. Ich will ja hier von mir und meinem Leben schreiben. Auch wenn andere Blogs besser, schöner und toller sind, mag das so sein. Insta setzt einen da schon ganz schön unter Druck. Aber ich bin so wie ich bin, das kann ich nun einmal nicht ändern…und darüber schreibe ich hier auch…Liebe Grüße und ich drück Dich feste zurück…Kerstin

  5. 18. April 2016 / 9:32

    Perfekt sein ist doch auch sehr langweilig oder? Klar kannst du jetzt alles 100% „perfekt“ machen, nach der Meinung anderer Leute. Aber vielleicht geht dann auch der Spaß verloren. Ich stelle es mir jedenfalls sehr anstrengend vor, wenn man jedes seiner Instagram Bilder auch noch super ausleuchten muss und 10mal rumschieben bis alles stimmt. Glaube so war es ursprünglich auch nicht gedacht, eher als Einblick in den Alltag. Mittlerweile gibt es doch auch Hashtags dort für mehr Realtität auf Instagram und ähnliches. Also mach einfach weiter wie du meinst und wie es dir gefällt. Klar kommt immer mal Kritik, aber man muss auch nicht alles annehmen. Und nachdem du schon soviel im Leben geschafft und gemacht hast, weißt du sicher am besten was zu dir passt und dir gefällt.
    Liebe Grüße

    • Kerstin
      Autor
      20. April 2016 / 11:05

      Vielen Dank fürs Mut machen. Klar, wer ist schon perfekt und immer „lächeln und winken“ ist auch langweilig. Die Idee mit dem Hashtag #fürmehrrealität hab ich gleich mal mit aufgenommen. Jetzt schau ich mal, wie sich alles entwickelt. Liebe Grüße Kerstin

  6. 7. September 2016 / 17:50

    hallo liebe kerstin..:) ich bin erst 24 jahre..und bewundere dich sehr für alles was du geleistet hast. und ich empfinde es so, dass du dir deines lebens sehr bewusst bist, und dennoch trotz der nicht so leichten situation so ruhig bleibst. das bewundere ich. das ist sicher nicht leicht. und kein blog ist perfekt. er spiegelt einfach den schreiber wider. das ist in ordnung so. schreibe einfach über das was dir in den sinn kommt. ich mache das genau so. ich schreibe einfach, wenn ich lust habe. manchmal fange ich auch an und lösche es wieder, manchmal bin ich ganz fest stolz auf meine gedanken und wie ich formuliert habe, manchmal weniger. das ist normal. da zeigt sich doch einfach das menschsein.
    ich freue mich sehr, dass du den mut hast, deine dinge niederzuschreiben. mach weiter meine liebe.
    alles alles liebe lisa
    lebenslichtpfade.wordpress.com

    • Kerstin
      Autor
      8. September 2016 / 22:12

      Liebe Lisa, Vielen Dank für Deine lieben Worte. Ich versuche so zu schreiben, wie es mir in den Sinn kommt und ich merke immer mehr, das es gut ankommt. So ein Blog braucht halt Zeit (Geduld ist leider nicht so meine Stärke) und muß wachsen… Das habe ich zwischenzeitlich auch gemerkt. Du hast übrigens auch einen tollen Blog. Schön, dass Du vorbeigeschaut hast. Liebe Grüße Kerstin

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